Macht "Hartz-IV" krank?

Das Institut für Arbeits- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (iab) hat in einer aktuellen Studie ermittelt, dass ein Drittel aller Bezieher von Leistungen nach dem SGB II an einer psychischen Krankheit oder Beeinträchtigung leidet [iab-Studie]. Auch die Gruppe der Berufstätigen mit einer psychischen Krankheit ist überraschend groß. Der Anteil der Bezieher von Leistungen nach dem SGB II liegt jedoch noch viel höher:

Im Jahr 2006 wurde für 21,8 % aller bei der TK versicherten Berufstätigen eine psychiatrische Diagnose gestellt. Dasselbe galt für 36,7 % aller bei der TK versicherten Bezieher von Leistungen nach dem SGB II (iab-Studie S. 33).

Die Analyse der Daten der AOK, die das iab vorgenommen hat, zeigt darüber hinaus eine dramatische Entwicklung. Ermittelt wurde, für welchen Anteil der bei der AOK versicherten Bezieher von Leistungen nach dem SGB II im Kalenderjahr eine psychiatrische Diagnose gestellt wurde. Im Jahr 2007 betrug dieser Prozentsatz 32,6 %. Bis zum Jahr 2011 stieg er auf 40,2 % (aaO).

Aus der Korrelation zwischen Anteil von Menschen mit psychischen Problemen und dem Bezug von SGB II-Leistungen lässt sich nicht schließen, was Ursache und was Wirkung ist. In der iab-Studie wird sowohl die These, Arbeitslosigkeit und Leistungsbezug machten krank, als auch die umgekehrte These, nach der psychische Krankheit die Ursache von Arbeitslosigkeit sei, diskutiert (S. 24 ff). Unabhängig von der Frage der Kausalität kommt das iab jedoch zum Ergebnis, dass die Jobcenter mit der Tatsache der extrem hohen Quote von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen im Kreis der Leistungsbezieher nicht angemessen umgehen. Deshalb spricht das iab am Ende der Studie umfangreiche Handlungsempfehlungen aus (S. 88 ff). Die Praxis der Leistungsverwaltung ist von diesen Handlungsempfehlungen sehr weit entfernt. Die Empfehlungen sind daher als harsche Kritik an der Verwaltungspraxis der Jobcenter zu lesen.

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